Essad Bey

Essad Bey, 1905 -1942

Essad Bey wurde am 20. Oktober 1905 als Lev Nussimbaum geboren. Seine Geburt wurde in der Synagoge zu Kiev registriert.
Aufgewachsen ist Lev Nussimbaum in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. Sein Vater, ein in Tbilisi/Georgien geborener aschkenasischer Jude, war Ölquellenbesitzer; seine Mutter Berta (geb. Slutzki) war eine russisch-jüdische Revolutionärin und Bekannte Stalins, als dieser in Baku „regierte“ wie später Al Capone in Chicago. Berta Nussimbaum unterstützte Stalins Geheimdruckereien mit ihren Diamanten. 1911 wählte sie den Freitod.

Von seinem Kindermädchen, Alice Schulte, lernte Lev ab ca. seinem fünften Lebensjahr Deutsch – die Sprache, in der er Jahre später zu einem berühmten Schriftsteller werden sollte.

1917 flohen Vater und Sohn Nussimbaum erstmals vor der Revolution, kehrten aber für ca. ein Jahr nach Baku zurück. Endgültig verließen sie Aserbaidschan 1919, Lev Nussimbaum war ca. 15 Jahre alt. Über Konstantinopel, Rom, Paris und Wyk auf Föhr kamen die Nussimbaums 1921 in Berlin an und ließen sich dort nieder. Lev besuchte hier das Russische Gymnasium und abends Kurse in Türkisch und Arabisch an der Friedrich-Wilhelms-Universität. 1922 konvertierte er zum Islam und nannte sich fortan „Essad Bey“.

Ab 1926 schrieb Essad Bey zahlreiche Artikel für „Die Literarische Welt“ und viele andere deutsche Zeitungen. 1932 heiratete er Erika Loewendahl, die Tochter des Schuhgroßhändlers Walter Loewendahl. Kurzzeitig lebte das Paar in Berlin, Wien, New York und Los Angeles. 1935 ging die Ehe in die Brüche, als Erika ihren Mann wegen des Autors René Fülöp-Möller verließ. Die Trennung löste einen Skandal in der internationalen Presse aus und stürzte Essad Bey in eine tiefe Krise, die durch den fast gleichzeitigen Ausschluss aus der Reichschrifttumskammer noch verstärkt wurde.

Zwischen 1930 und 1937 verfasste Essad Bey mindestens sechzehn Bücher, die alle in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Darunter waren auch Biografien von Stalin (1931), Zar Nikolaus II. (1935), Resa Schah (1936) und Lenin (1937, nur in italienischer Sprache erschienen). Seine Mohammed-Biografie (1932) ist wohl sein meistverkauftes Buch, das bis in die Gegenwart immer wieder neu aufgelegt wird. Es besticht vor allem durch seine atmosphärische Dichte.

Als erstes Buch legte er im Alter von 24 Jahren seine Autobiografie unter dem Titel „Öl und Blut im Orient“ (1929/30) vor. Sie war in Deutschland und den USA ein Bestseller. Für seinen Freund George Sylvester Viereck schrieb er eine Biografie Kaiser Wilhelms II., die nur in englischer Sprache unter dem Titel „The Kaiser on Trial“ und unter Vierecks Namen veröffentlicht wurde.

Ein weiteres Pseudonym Lev Nussimbaums war Kurban Said. Unter diesem Namen veröffentlichte er die beiden Romane „Ali und Nino“ (1937) und „Das Mädchen vom Goldenen Horn“ (1938). Die Debatte, wer hinter dem Pseudonym „Kurban Said“ steckt, wurde von Essad Beys Biografen Tom Reiss hinreichend geklärt. Bis dahin war auch von der österreichischen Baronin Elfriede von Ehrenfels-Bodmershof und dem Aserbaidschaner Yusuf Vesir Chemenzeminli die Rede.

1937 floh Lev Nussimbaum aus Deutschland in die Schweiz und ließ sich 1938 in Positano an der italienischen Amalfi-Küste nieder. Versuche, zum offiziellen Biographen von Mussolini zu werden, scheiterten. 1942 starb er verarmt und vereinsamt im Alter von 37 Jahren nach einer schweren Gefäßkrankheit der Füße, dem sogenannten „Buerger-Syndrom“.

Der amerikanische Autor Tom Reiss hat 2005 die weithin beachtete Biografie Lev Nussimbaums, „The Orientalist“, vorgelegt. Sie avancierte in den USA zum Bestseller und ist bis dato in 14 Sprachen erschienen – im Jahr 2008 auch auf Deutsch, und zwar im Osburg Verlag, unter dem Titel „Der Orientalist“.

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